Das Projekt Ki-do
1. Entstehung des Projekts Ki-do
Die Ursache für mein Projekt Ki-do liegt in persönlicher Betroffenheit im Freundes- und Familienkreis.
Anfang der 80´er wurde eine Freundin nachmittags um halb drei im Kurpark in Bad Oldesloe überfallen. Als Schwarzgurtträger im Karate begann ich mit der Entwicklung eines eigenen Selbst-Verteidigungs-Systems für Frauen, das weit über die übliche Hit-and-run-Strategie und die damit verbundenen klassischen Selbstverteidigungstechniken (Befreiungsgriffe, Würfe, Hebel, Schläge und Tritte) hinausging.
Nachdem 1991 mein erster Sohn eingeschult und 1992 knapp einer Entführung entkommen war, wurde mir die Sicherheitsproblematik auch der Kinder plötzlich bewußt.
Schnell war klar, dass die Kampfsysteme wie Judo, Karate, etc. den Kindern gegen einen erwachsenen Sexualstraftäter nicht helfen. Diese asiatischen Kampfsysteme sind Erwachsenen-Konzepte, die, auch wenn man sie modifiziert und den Kindern überstülpt, keine Sicherheit bringen.
Ich begann also auf der Basis eines pädagogisch-psychologischen Ansatzes mit der Entwicklung eines Sicherheits-Konzepts speziell für Kinder – das erste in Deutschland.
Dieses Sicherheits-Training bekam dann den Namen Ki-do. Ki ist doppeldeutig und steht als Kurzform für Kinder bzw. für das japanische Ki, was soviel bedeutet wie geistige Kraft.
Das japanische do bedeutet Schulungsweg. Wer ein Ki-do Seminar absolviert, ist auf dem Weg der Selbst-Verteidigung. Aber so toll und effektiv ein Ki-do Seminar auch ist: Man ist eben noch nicht fertig, nicht am Ziel, man muß weiter an sich arbeiten – auch mithilfe von Aufbau-Seminaren.
Ki-do ist also der Weg der Kinder, und die Kinder sollen in ihrer Selbst-Verteidigung nicht den Weg der Faust (Karate o.ä.) gehen sondern den Weg der geistigen Kraft.
Unser Motto ist: Köpfchen statt Faust!
2. Ziele des Ki-do
2.1 Die Entwicklung der Ziele
Kurz und knapp formuliert ist das Ziel meines Projekts Ki-do, „GEMEINSAM GEGEN GEWALT“ an Kindern vorzugehen. Alle Formen von Gewalt müssen wir dabei im Auge haben, um Kinder effektiv zu schützen. Gemeinsam ist deshalb so wichtig, weil wir so viel effektiver sind.
Gemeinsam bedeutet, dass alle direkt oder indirekt an der Erziehung der Kinder Beteiligten mitmachen: dazu gehören Politik, Justiz, Medien, etc., vorrangig aber Eltern und Pädagogen. Deshalb gibt es während der Seminare die Möglichkeit der Hospitation sowie spezielle Fortbildungen für Eltern und Pädagogen: das gewährleistet das Erreichen unseres Zieles.
Bei der Zielsetzung meines Projekts gab es eine Entwicklung:
Zunächst gab es nur ein Ziel: meine Kinder vor sexuellem Mißbrauch zu schützen.
Da ich damals noch als „normaler" Lehrer tätig war, schloss ich meine Schüler schnell mit ein.
Sobald man sich mit diesem furchtbaren Thema befaßt, wird klar, dass die Hauptgefahr gar nicht von Fremden, den sog. Mitschnackern, ausgeht sondern von Personen im Bekannten- und Verwandten-Kreis. Das Konzept musste also erweitert werden.
Schließlich kam - aufgrund der Gewalt der Kinder untereinander auf dem Schulhof, etc. - der Wunsch hinzu, die Kinder auch vor körperlicher und seelischer Gewalt von Mitschülern zu schützen.
So wurde aus dem zunächst sehr speziellen Konzept ein wirklich ganzheitliches Gewalt-präventions-System, das mit seinen intelligenten Selbst-Verteidigungs-Strategien gegen alle Formen von Gewalt schützt - Auto-Aggression sowie Unfallprophylaxe eingeschlossen.
2.2 Die Übersicht der Ki-do Ziele
Die Spannbreite der Ki-do Ziele ist so umfassend wie einzigartig und gliedert sich in drei Hauptbereiche:
a) Selbstverteidigung gegen mich selbst - Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung
b) Selbstverteidigung gegen andere - Gewaltschutz
c) Mitmenschverteidigung - Gesunderhaltung und Gewaltschutz für andere
Selbstverteidigung will man in der Regel lernen, um sich vor Gewalt von anderen zu schützen. Ki-do deckt dieses Feld selbstverständlich ab.
Zusätzlich bzw. zuallererst aber zielt Ki-do auf die eigenen Maßnahmen zur Gesunderhaltung.
a) Selbstverteidigung gegen mich selbst - Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung
Ganzheitliche Selbstverteidigung beginnt bei sich selbst. Auch das ist Selbst-Verteidigung!
Ki-do stellt also die unbequeme Frage:
„Was tust Du Dir selbst an? Durch Unachtsamkeit, Übermut oder fehlende Willenskraft?"
Ki-do nennt eine ungesunde Lebensweise klar und undiplomatisch "Selbst-Zerstörung".
Selbst-Zerstörung statt Selbst-Verteidigung:
- Unfälle
- Bewegungsmangel,
- Haltungsschäden,
- mangelnde Hygiene,
- ungesunde Ernährung,
- Medikamenten- und Drogenmissbrauch,
- alle Formen von Süchten,
- Auto-Aggression (vom Tattoo übers Piercing zum Ritzen und Suizid)
Das ist das riesige Feld, das man zuerst angehen muss. Auch durch entsprechende Aufklärung.
Deshalb setzt Ki-do hier an und räumt auf mit dem Paradoxon:
"Andere dürfen mir nichts tun, ich selbst aber mach mich kaputt!"
Sich selbst wertzuschätzen, beginnt mit den Maßnahmen zur eigenen Gesunderhaltung.
Die werden im Ki-do Seminar behandelt.
Ziele im Bereich der Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung
- Wachsamkeit und Vor-Sicht statt Unfall. Dazu gehören unfallprophylaktische Maßnahmen daheim, in der Schule und in der Freizeit. Darüber hinaus gibt es im Ki-do auch weiterführende Verkehrserziehung und Schwimm- und Tauch-Kurse.
- Sport und Fitness statt Bewegungsmangelkrankheiten
- Neue Energien statt Burn-out für Pädagogen
- gesunde Haltung im Sitzen, Stehen, Gehen statt Haltungsschäden
- ausgeglichene und gesunde Ernährung statt Übergewicht, etc.
- Nein zu Drogen- und Medikamenten Missbrauch
- Selbstkontrolle und soziale Bindungen gegen Suchtgefahren
- Selbstwertschätzung statt Auto-Aggression
Erst dann geht es um das Problem des Schutzes vor Gewalt durch andere.
b) Selbstverteidigung gegen andere - Gewaltschutz
Der Komplex der Ziele in diesem Bereich:
- Erfolgreiche präventive Maßnahmen gegen Gewalt sowie intelligente und effektive interventive Selbstverteidigungs-Strategien
- Erziehung der Kinder und Jugendlichen zu starken Persönlichkeiten, wobei die Individual-Kompetenzen (wie Selbst-Ständigkeit, Selbst-Wert-Gefühl, Selbst-Vertrauen, etc.) in Balance stehen müssen mit den Sozial-Kompetenzen (wie Respekt, Wir-Gefühl, soziale Verantwortung, etc.)
- Stärkung von Opfern und Tätern: Selbstverständlich geht es um die Stärkung der Opfer, damit sie nicht wieder Opfer von Gewalt werden. Ki-do geht aber zwei entscheidende Schritte weiter. Gleichzeitig müssen Opfer so gestärkt werden, dass sie nicht selbst in die Täter-Rolle geraten. Und Täter müssen innerlich so gestärkt werden, dass sie nicht wieder Täter werden.
- Anti-Täter-Training: Unter dem Aspekt der Wut-Kontrolle hat Ki-do ein eigenes Konzept zur psychischen Stärkung von Tätern entwickelt, so dass sie den Zirkel der Gewalt aufbrechen und verlassen können.
- Schutz der Kinder und Jugendlichen vor allen Formen von Gewalt: physisch, psychisch und sexuell
- Schutz des Eigentums; auch Schutz des Eigentums der Pädagogen und der pädagogischen Einrichtung
- Entwicklung der Ki-do Verteidigungs-Kette in 3 Schritten:
1. Eintreten für mich (Selbst-Verteidigung)
2. Eintreten für meine Freunde (Wir-Verteidigung)
3. Einteten auch für Fremde (Fremd-Verteidigung) - Zivilcourage wird nicht nur gefordert,
Ki-do zeigt wie!
- Unterstützung von Eltern und Pädagogen bei dieser Aufgabe durch bestimmte Fortbildungen, so dass sie sowohl vorbeugend als auch in der akuten Gewaltsituation kompetent und erfolgreich agieren bzw. reagieren können (präventiv und interventiv).
- Schutz der Pädagogen: Gewalt gegen Pädagogen ist im Ki-do kein Tabu-Thema.
- Schutz der Erwachsenen vor allen Formen von Gewalt durch spezielle Seminare für Frauen, Männer und Senioren
- Entwicklung einer positiven und mobbingfreien Arbeitsatmosphäre in Firmen
- Personal-Training für Manager
c) Mitmensch-Verteidigung - Gesunderhaltung und Gewaltschutz für andere
Mitmensch-Verteidigung? Das Gegenstück zur Selbstverteidigung heißt Mitmensch-Verteidigung?
Das klingt sehr ungewöhnlich.
Da ich diesen Begriff gerade entwickelt habe und er noch nicht im allgemeinen Sprachgebrauch üblich ist, ist dieser Begriff in der Tat ungewöhnlich und ungewohnt. Weil es für diesen Bereich bisher keinen Begrifif gab, mußte jedenfall einer her!
Der Begriff Zivilcourage deckt nicht ab, worum es geht. Für Erste-HIlfe am Unfallort, Rettung bei einem Badeunfall, Warnung bei Gefahren, Rat bei ungesundem Verhalten, etc. braucht man keine Zivilcourage sondern entsprechendes Know-how.
Es ist jedenfalls schwer, einen treffenden und eingängigen Begriff zu finden, der tatsächlich ausdrückt, worum es geht, so wie es der Begriff Selbst-Verteidigung schafft.
Ich habe noch ein paar Vorschläge:
Fremd-Verteidigung!
Problem: Man soll nicht nur fremde sondern auch bekannte Personen verteidigen.
Andere-Verteidigung!
Problem: Der Sinn erschließt sich nicht unbedingt, weder beim Hören noch beim Lesen.
Wir-Verteidigung!
Problem: Der Begriff kann mißverständlich sein. Wir sollen nicht uns verteidigen, sondern einander. Nicht nur die Bekannten, die zu unserer Gruppe gehören sondern alle, auch Fremde.
Ich entscheide mich also für den Begriff Mitmensch-Verteidigung.
Auch wenn er für jugendliche Ohren ev. etwas veraltet und gestelzt klingt: Er ist, was den Sinn betrifft, nicht zu schlagen. Bekannte und Fremde: alle sind Mitmenschen und alle sind wertvoll, verteidigt zu werden.
Warum gab es bisher keinen entsprechenden Begriff?
Mitmensch-Verteidigung hat für uns offenbar nicht den gleichen Stellenwert wie Selbstverteidigung. Das mag am Selbsterhaltungstrieb liegen, an mangelnder sozialer Verantwortung bzw. am Egoismus.
Für eine funktionierende Gesellschaft hat sie aber den gleichen Wert wie Selbstverteidigug.
Ziele im Bereich der Mitmensch-Verteidigung - Gesunderhaltung und Gewaltschutz für andere
- Erfolgreiches Warnen vor Unfällen
- Rettungsschwimmen und Rettungstauchen
- Erste Hilfe am Unfallort
- Fundierter Rat gegen ungesundes Verhalten
- Entwicklung der o.a. Ki-do Verteidigungskettein drei Schritten:
- Eintreten für mich,
- für Freunde und
- für Fremde = Maßnahmen für effektiven Gewaltschutz
Auch dies sind Ziele und damit Inhalte der Ki-do Seminare.
(Im Bereich Erste Hilfe, Rettungsschwimmen und Rettungstauchen werden bei Erfolg die regulären Bescheinigungen ausgestellt.)
Frühe Prägung
Die Effektivität aller Maßnahmen, um diese Ki-do Ziele zu erreichen, ist auch abhängig vom Alter der Personen, die diese Inhalte lernen. Wenn wir richtige und wichtige Verhaltensgewohnheiten prägen wollen, müssen wir frühzeitig in der Erziehung der Kinder die Weichen so stellen, dass sie ihre Gesundheit erhalten.
Ki-do weckt bei den Kindern die Einsicht, dass Gesunderhaltung und Gewaltschutz - bei mir selbst und beim Mitmenschen! - die Elemente sind, die zusammen gehören und die erst gemeinsam Selbstverteidigung komplett und erfolgreich machen und eine umfassende ganzheitliche Gewaltprävention ermöglichen.
3. Die Ki-do Kompetenzen
Ki-do kategorisiert belastende bis hin zu lebensgefährliche Situationen in drei Bereiche: Stress-, Konflikt- und Gewalt-Situationen.
Stress-, Konflikt- und Gewalt-Situationen beinhalten grundsätzlich die Gefahr, uns zu überfordern, unterlegen zu sein und die Situation mit Misserfolg zu beenden.
Das kann man ändern
Für alle drei o.g. Problem-Situationen entwickelt Ki-do die notwendigen Kompetenzen:
- Selbstvertrauen zur Meisterung alltäglicher Stress-Situationen
- Lösungs-Kompetenz in Konflikt-Situationen sowie
- Überlegenheit und Erfolg in Gewalt-Situationen
4. Ki-do im Vergleich mit anderen Selbstverteidigungs-Systemen
Die Unterschiede zwischen Ki-do und den anderen Selbstverteidigungs-Systemen fallen sofort ins Auge - besonders durch die Art der Darstellung.
Klassische SV-Systeme locken mit spektakulären Kampfszenen, wecken Allmacht-Phantasien und versprechen Sicherheit.
Auch das Gerechtigkeitsgeführ wird bedient: Der Widerling/Angreifer wird sofort bestraft. Das macht Spaß, verursacht Freude, Zufriedenheit.
Beispiel-Bilder für klassische Selbstverteidigung
![]() Daumen-Stich, Steigerung zum Fingerstich, in die Augen! |
![]() Schlag zum Kehlkopf – Exitus! |
![]() Klassische "Wunderwaffe": Kniestoß! |
![]() Ellbogenstoß gegen den Kopf! |
![]() Handballenschlag gegen das Nasenbein! |
![]() Ellbogenstoß unter das Kinn! |
Ellenbogenstoß zum Kehlkopf |
|
Ellenbogenstoß zur Wirbelsäule |
Kniestoß zum Gesicht |
Daumenstich in die Augen |
Fauststoß zum Kehlkopf |
Kniestoß in die Genitalien |
Kniestoß ins Gesicht |
Warum findet man im Ki-do derartige action-trächtige eye-catcher nicht? Sie wirken doch!
Jedenfalls sind sie wirksam, was ihren Werbe-Effekt betrifft. Ob sie in einer Gewalt-Situation wirken, ist eine ganz andere Frage, die ich - wenn nicht mit der Vermittlung der Kampftechniken gleich-zeitig das Wissen um die Optimierung und Mobilisierung physischer Kraft entwickelt und reale Muskelkraft gesteigert wird - leider verneinen muß.
Aber selbst wenn dies geleistet wird: Ohne mentale Stärkung und ohne Vermittlung bestimmter
Psycho-Strategien hat der (erwachsene) Angegriffene mit seinen "tollen Techniken" keine Chance.
Wer 7-jährigen Mädchen zur Selbstverteidigung bei sexueller Gewalt einen Ellbogenstoß, etc.
beibringt, handelt absolut verantwortungslos!
(Illustrationen zur Problematik der klassischen Selbstverteidigung für Grundschulkinder finden Sie in der Fotogalerie unter "Kampftechniken für KInder".)
Das Erlernen von Kampftechniken ist der einfachste Part! Als langjähriger Kampfsportler (u.a. 4. DAN Karate) ist es für mich ein leichtes, diese klassischen Inhalte der üblichen SV-Systeme abzudecken. Durch meine Kenntnisse im Bereich der Vital Point Stimulation kann ich noch einen oben drauf setzen. Warum mache ich es mir nicht einfach und mache es genauso?
Weil insbesondere ein Kind keine Chance hat gegen einen Erwachsenen!
Ki-do ist nicht Effekthascherei sondern effektive Selbstverteidigung.
Ki-do bedient keine Machtphantasien und verkauft keine Illusion. Ki-do gibt realen Schutz!
Primär geht es im Ki-do sinnvollerweise darum, es gar nicht erst zur physischen Auseinandersetzung kommen zu lassen.
Ki-do bedeutet, den Konflikt auf psychischer Ebene und möglichst schon im Ansatz zu stoppen.
Ein Foto, das diese Botschaft vermitteln soll, ist nicht nur schwer zu gestalten sondern im Gegensatz zu einem Schlag auf den Kehlkopf fast langweilig.
![]() Diese junge Frau muß nicht lernen, wie sie zurückschlagen kann, wenn sie angegriffen wird, sondern was sie tun soll, damit sie nicht angegriffen wird! |
Wer also über das körperliche Niveau der klassischen Hau-drauf-Techniken hinaus will, statt dort stehenzubleiben, der lernt Ki-do!
statt Gewalt des anderen zu toppen! |
Wie langweilig sind erst Fotos, die nicht zum Bereich Gewaltschutz sondern zum Bereich Gesunderhaltung gehören wie z.B. Nahrungsmittel, Körperhaltung, Zahnbürste,etc.
Als Blickfänger und Motivationsmotor sind solche Bilder nicht optimal geeignet.
5. Ki-do oder Kampfsport
„Mein Kind muß keinen Selbstverteidigungs-Kurs belegen. Es macht ja schon Judo.“
Dieser seltsame wie unsinnige Satz fällt immer wieder.
Ob ein Kind im Verein Judo, Karate oder eine Kung Fu-Form lernt, ist für eine erfolgreiche Selbstverteidigung in echten Gewalt-Situationen recht unerheblich.
Seriöse Trainer geben das sofort zu.
Lehne ich also die asiatischen Budo-Kampfdisziplinen ab? Nein, im Gegenteil!
Seit Jahrzehnten betreibe ich selbst Budo, bin außerdem als Karate-Lehrer tätig (für den ATSV Ahrensburg) und meine Kinder sind ebenfalls aktive Kampfsportler.
Allen Eltern kann ich empfehlen, ihr Kind, wenn es daran Interesse hat, insbesondere Judo trainieren zu lassen, weil es eine Menge positive (sport-)pädagogische Effekte hat.
Aber auch wenn ich ein Budo-Freund bin, muß ich soviel Selbst-Kritik aufbringen können, die Frage zu stellen, ob mein „Hobby“ geeignet ist zum Schutz der Kinder vor Gewalt. Und diese Frage muß ich ehrlicherweise verneinen. Aus diesem Grund haben auch meine eigenen Kinder zur Selbstverteidigung diverse Ki-do Seminare besucht.
Das folgende Bild zeigt einen 7-jährigen Knirps, einen Gelbgurt, der mit Freude und nicht ohne Stolz seine Fallübungen im Judo präsentiert. Etwa ein Jahr hat er dafür trainiert.
Er hat nicht nur Fallen gelernt, er kann auch seine gleichaltrigen Partner z.B. mit einem Hüftwurf zu Fall bringen.
Glauben Sie, dass er einen erwachsenen Sexualstraftäter aufs Pflaster brettern kann?
Nehmen wir eine andere Form von Gewalt: Der Junge wird von einem drei Jahre älteren Viertklässler auf dem Schulhof gehänselt. Wollen Sie, dass er – wenn er es könnte – seinen Mitschüler, der das sichere Fallen nicht im Verein gelernt hat, mit einem gekonnten Schulterwurf auf den asphaltierten Schulhof knallt?
Sollte er Mitschüler als Mittel der Konfliktlösung auf den asphaltierten Schulhof werfen? |
In Norderstedt ist vor ein paar Jahren eine 20-jährige Frau überfallen worden. Sie war nicht Gelbgurt, sie trug den schwarzen Gürtel im Judo. Selbstverständlich hat sie sich gewehrt.
Der körperlich überlegene Mann hat sie dennoch vergewaltigt, anschließend ermordet und im Vorgarten liegenlassen – das Ganze etwa 300 Meter von ihrer Wohnung entfernt.
Jigaro Kano, der Begründer des Judo, hat ein (sport-) pädagogisch wertvolles Kampfsystem entwickelt, bei dem zwei Partner fair und verletzungsfrei miteinander kämpfen können.
Judo (dt. = der sanfte Weg) und effektive Selbstverteidigung haben wenig gemein.
Wie sieht es mit Karate aus?
Das Technik-Repertoire umfaßt u.a. sehr effektive Fauststöße und Fußtritte, wie Bruchtests belegen. Das Bild zeigt einen 13-jährigen Karateka mit einem technisch präzisen Fußtritt.
Karate-Kick! |
Wer sich so zu verteidigen weiß, wird so leicht nicht angegriffen! Das ist wohl wahr!
Falls doch jemand angreift? Ein derartiger Tritt mit der Fußaußenkannte unter das Kinn zeigt auch bei einem Erwachsenen definitiv Wirkung!
Warum dann Ki-do statt Karate?
Dieser 13-jährige Karate-Schüler hat das nicht in ein paar Tagen in einem Lehrgang gelernt sondern durch 5 Jahre langes hartes Training!
Wenn unser Kind aber erst 7 oder 8 Jahre alt ist, hat es weder einen solchen Trainingszeitraum absolviert, noch verfügt es über die technische Präzision oder die physische Kraft eines Teenagers.
Wir können bei unserem Grundschulkind aber nicht einige Jahre warten in der Hoffnung, dass bis dahin nichts passiert. Unser Kind muß sich ab dem Zeitpunkt selbst verteidigen können, wo wir es nicht beaufsichtigen: egal ob auf dem Schulweg, dem Schulhof oder in der Freizeit. Dafür gibt es Ki-do!
Auch wird ein Karate-Kick nicht in allen Gewaltsituationen eine gute Lösung sein: wer auf dem Schulhof von einem Mitschüler geschubst oder geschlagen wird und so antwortet, der bekommt sicher noch Probleme dazu – durch das Lehrerkollegium oder gar die Polizei. Das ist zu heftig.
Auf verbale Gewalt wie „Arschloch!“ etc. mit einem Kick oder mit einem Judo-Wurf zu antworten, ist nicht nur zu heftig, es ist einfach falsch.
Ki-do gibt – im Gegensatz zu den Budo-Systemen – Schutz sofort und in allen Gewaltsituationen.
Was an wichtigen persönlichkeitsbildenden Effekten im Budo in Jahren gelernt wird, das erarbeitet Ki-do – ohne die zeitlich aufwendige Vermittlung von Fall- und Wurftechniken (Judo) oder Abwehr- und Kontertechniken (Karate, Kung Fu, etc.) – komprimiert in sehr kurzer Zeit.
Wenn Sie jemanden fragen, der über Jahrzehnte hinweg Karate betreibt, wie oft er in Schlägereien verwickelt war, dann wird er in der Regel antworten: „Gar nicht!“
Warum nicht?
Weil er es nie so weit hat kommen lassen! Dafür braucht man andere Qualitäten als einen Fußtritt.
Diese mentalen Qualitäten sind es, die Ki-do erfolgreich machen.
Wie sieht es aus mit Kung Fu Formen wie WT?
Ein Kind, das die WT-typischen Kettenfauststöße ausführt, ist einfach nur lächerlich. Hier soll kein Kind lächerlich gemacht und zur Witzfigur werden, deshalb gibt es hier auch kein Foto!
Fraglos sind Kettenfauststöße eines erfahrenen erwachsenen WT-Kämpfers nicht lächerlich. Uns aber geht es um die Sicherheit und die Selbstverteidigungs-Möglichkeiten von Kindern!
WT ist da nicht hilfreich.
Hinweis zum Schluß: Das Problem der Hemmschwelle
Bei wem die natürliche Hemmschwelle, jemanden zu verletzen, intakt ist, der ist einem sadistischen Gewalttäter grundsätzlich unterlegen, denn der hat keine Hemmungen zu quälen, zu verletzen oder gar zu morden.
Wer darüber hinaus jahrelang eine Budo-Disziplin wie Judo oder Karate übt, übt jahrelang den rücksichtsvollen Umgang mit seinen Trainingspartnern. Er lernt, seine Partner nicht zu treffen, nicht zu verletzen, sondern auf sie aufzupassen. Dieser erzieherische Effekt der Budo-Systeme zu sozialer Verantwortung ist allgemein anerkannt.
In einer Notwehrsituation kann aber eben diese lange gelebte Gewohnheit zum Nachteil werden. Der Kick trifft nicht, oder er wird so halbherzig ausgeführt, dass die rettende Wirkung ausbleibt.
Kurz: Kampfsport und erfolgreiche Selbstverteidigung sind zwei verschiedene Dinge!